Gefahrenhinweis HF-Zündung

Hinweise für den Umgang mit der Hochfrequenz-Zündung an WIG-Stromquellen

1. Einleitung

Schweißprozesse wie das WIG‐Schweißen unterliegen in ihrer Handhabung einigen Gefahren. Dazu zählen unter anderem:
  • Elektrischer Strom
  • Lichtbogenstrahlung
  • Thermische Energie
  • Gefahrstoffe
  • Lärm

Insbesondere die Gefahr des elektrischen Stromes darf nicht unterschätzt werden. Daher ist der Einsatz von Schutzvorkehrungen während des Gebrauchs und der richtige Umgang notwendig. Nur wenn durch die gefährdeten Personen die Wirkungsweise der Gefahr verstanden wird, können Schutzmaßnahmen richtig umgesetzt werden. Der Einsatz von technisch einwandfreien Stromquellen wird dabei vorausgesetzt.

Im Folgenden soll auf die Gefahr des elektrischen Stromes hingewiesen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen aufgezeigt werden. Dabei wird ein Fokus auf den Einsatz der für das WIG‐Schweißen notwendigen Hochfrequenzzündung liegen. Eine Beschreibung dieser soll helfen, verantwortlichen Sicherheitsfachkräften das notwendige Fachwissen für eine fundierte Einschätzung zu geben.

2. Elektrische Gefahren und deren Wirkungsweise im Körper

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) beschreibt die Gefahr des elektrischen Strom als eine schwer erkennbare Gefahr, da sie nicht hörbar, riechbar oder sehbar ist. In der DGUV Information 209‐010 „Lichtbogenschweißen“ werden u.a. die elektrischen Gefahren aufgezählt. Dabei wird davon ausgegangen, dass eine elektrische Gefährdung beginnt wenn:

  • Die Spannung höher als 25V Wechselspannung (Effektivwert) oder 60V Gleichspannung beträgt
  • Und dabei ein ausreichend hoher Strom fließen könnte.

Für die Wirkung des Stromes auf den Menschen ist von entscheidender Bedeutung, wie groß der elektrische Widerstandes im Menschen ist. So kann Strom nur in einem geschlossenen Stromkreis fließen, der Zusammenhang wird durch das ohmsche Gesetz beschrieben mit der Spannung (U) in Volt (V), der Stromstärke (I) in Ampere (A) und der Größe des Widerstandes (R) in Ohm (Ω):

I =
U / R

Daraus ist zu erkennen, dass mit steigendem Widerstand der Stromfluss abnimmt. Ziel ist es daher, den Widerstand zwischen dem Menschen und den gefährdeten Bereichen durch Isolatoren so groß wie möglich zu gestalten. Je nachdem, welcher Teil des Körpers den Kontakt zum Stromkreis hat und damit diesen schließt, entstehen unterschiedliche Körperwiderstände.

Hinweise_fuer_den_Umgang_mit_der_HF-Zuendung_an_WIG-Stromquellen_extern
(nach DGUV 209-010)

Körperdurchströmungen können unterschiedliche Auswirkungen haben, wie Muskelverkrampfung, Nervenerschütterung, Herzkammerflimmern und weitere. Dabei hängt die auftretende Stromstärke neben der Spannung auch maßgeblich von den Widerständen im Stromkreis ab. Daher ist nicht nur der Körperinnenwiderstand, sondern auch die Schutzkleidung zu betrachten. Dabei ist vorallem ein ausreichender Abstand einzuhalten, um eine möglichst große Isolierung vom Schweißstromkreis zu erreichen. Der Mensch darf niemals Teil des Stromkreises sein.

3. Technische Einordnung und Beschreibung einer Hochfrequenzzündung

3.1 Allgemeine Einleitung

Schweißgeräte haben die Aufgabe, den zur Verfügung stehenden Netzstrom so umzuwandeln, dass dieser in der notwendigen und gewünschten Form für eine Schweißaufgabe zur Verfügung steht. Dabei sind moderne Inverter Geräte in der Lage, Gleich‐ oder Wechselstrom in unterschiedlichen Arten und Formen zu modellieren.

Wie alle elektrischen Geräte, die mit Nennspannungen zwischen 50‐1000V Wechselstrom bzw. 75‐1500V Gleichstrom arbeiten, unterliegen auch Schweißstromquellen der Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU. Dabei wird allgemein definiert, wie Geräte in Verkehr gebracht werden müssen, damit diese die Sicherheit von Menschen nicht gefährden.

Darüber hinaus existieren weitere Normen die, aufbauend auf die Niederspannungsrichtlinie, Regeln für spezielle Produktgruppen aufstellen. Schweißstromquellen unterliegen der sehr umfangreichen DIN EN IEC 60974 und ihren Teilen. In dieser wird umfassend geregelt, welche Sicherheits‐ und Leistungsanforderungen zu erfüllen sind. Dabei werden nicht nur elektrische Sicherheitsvorkehrungen definiert, sondern auch weitere wie z.B. Schutzmaßnahmen gegen Erwärmung.

Grundsätzlich gehen Normen bezüglich der Einschätzung von Gefahren für den Körper von gesunden Menschen aus. Daher sind Werte unterhalb der Grenzwerte nicht pauschal als ungefährlich zu bezeichnen, allerdings werden Grenzwerte auch nicht willkürlich gewählt.

Bezüglich der erlaubten Spannungen wird zwischen Arbeits‐ und Leerlaufspannung unterschieden. Die Arbeitsspannung tritt auf, wenn der Lichtbogen brennt und liegt i.d.R. zwischen 10‐40V. Die Leerlaufspannung hingegen liegt zwischen den Anschlussstellen an, wenn kein Lichtbogen brennt. Diese ist höher als die Arbeitsspannung, da für die Zündung des Lichtbogens größere Spannungen notwendig sind.

In der DIN EN IEC 60974 Teil 1 (Lichtbogenschweißeinrichtungen – Teil 1: Schweißstromquellen) wird diese auf ein Maximum festgelegt, sodass Schweißaufgaben möglich sind, aber eine unnötig hohe Gefährdung ausgeschlossen ist. Die DGUV 209-010 fasst diese Werte je nach Einsatzbedingungen in folgender Tabelle zusammen:

WIG-Stromquellen
(nach DGUV 209-010)

EWM Stromquellen werden grundsätzlich so ausgelegt, dass alle Grenzwerte für den Betrieb unter erhöhter elektrischer Gefährdung möglich ist.

Für das WIG‐Schweißen ist bei Einsatz der berührungslosen Zündung eine spezielle Lichtbogenzündeinrichtung notwendig. Diese erzeugt eine Lichtbogenzündspannung, welche die Leerlaufspannung überlagert und deutlich höher liegt als diese.

3.2 Lichtbogenzündeinrichtungen an WIG-Stromquellen

Die Luftstrecke zwischen Wolframelektrodenspitze und Werkstück fungiert als Isolator. Die Hochfrequenzzündung ist daher so konstruiert, dass sie durch Anlegen einer hohen Spannung diesen Isolator überwindet. In der Elektrotechnik wird diese Spannung auch Durchschlagspannung genannt. Diese hängt von unterschiedlichen Faktoren wie dem Material bzw. Gas ab. Argon als Schutzgas erleichtert die Zündung, da dieses leichter ionisiert.

Lichtbogenzündeinrichtungen an WIG-Stromquellen
WIG-Lichtbogen

Lichtbogenzündeinrichtungen sind speziell in der DIN EN IEC 60974‐3 (VDE 0544‐3) geregelt. Dabei wird bereits in Teil 1 festgelegt, dass überlagerte Lichtbogenzündspannungen die o.g. Leerlaufspannungen überschreiten darf (11.1.5).

Eine Hochfrequenzzündung für das WIG‐Schweißen ist immer ein Stromimpuls mit sehr hoher Spannung. Der Bemessungswert für diese Scheitelspannung (Up) ist begrenzt, beträgt bei handgeführten Brennern maximal 15kV und wird auf die Leerlaufspannung (U0) addiert:

Gefahr des Impulsstromes

Im Kapitel 11.2 der DIN EN 60974‐3 wird explizit auf die Gefahr des Impulsstromes eingegangen. Dabei kann eine Gefährdung durch elektrischen Schlag aufgrund von zwei Bedingungen entstehen:

  • Der menschliche Körper ist in direktem Kontakt mit dem Ausgang der Lichtbogenzündeinrichtung
  • Der menschliche Körper ist elektrisch in Reihe mit der Lichtbogenstrecke als Teil des Schweißstromkreises

Insbesondere der letzt genannte Punkt ist in der Praxis eine besondere Gefahr für den Schweißer und ensteht bei nicht ausreichender Isolation zwischen Körper und Schweißstromkreis. Es ist daher immer darauf zu achten, dass der Schweißer nicht Teil des Stromkreises ist. Diese Erkenntnis ist elementar wichtig, um Stromschläge zu verhindern und muss durch unterschiedliche Maßnahmen (siehe Kap. 4) umgesetzt werden. Dabei kann der Mensch sowohl bei Berührung des Werkstückes, aber auch durch Erdung bereits Teil des Stromkreises sein:

Erdung des Stromkreises
Erdung des Stromkreises
Möglichkeiten der Stromleitung durch den Menschen (nach DGUV 209‐010)

3.3 Regeln und Grenzwerte einer Zündeinrichtung

Um die Gefahren durch diese Hochspannung bei falscher Handhabung zu minimieren, wird u.a. die maximale mittlere Energie begrenzt. Dies geschieht ebenfalls in der DIN EN IEC 60974‐3. Laut Norm darf innerhalb einer Sekunde der wichtige Wert von 4 Joule (handgeführte Brenner) nicht überschritten werden. Darüber hinaus sind weitere Grenzwerte wichtig.
Damit sind die Höhe, Dauer und Häufigkeit der Pulse wie folgt begrenzt:

  1. Die maximale Amplitude beträgt 15kV.
  2. Die maximale Ladung eines Stromimpulses darf 8μC nicht überschreiten. Daher ergibt sich die Pulslänge von 1μs.
  3. Die maximale Energie innerhalb einer Sekunde ist auf 4J begrenzt. Damit wird die Häufigkeit der Pulse pro Sekunde eingeschränkt (etwa 100 pro Sekunde).
maximale Amplitude
(1) maximale Amplitude
maximale elektrische Ladung
(2) maximale elektrische Ladung
maximale Energie
(3) maximale Energie

Für eine bessere Einschätzung der oben genannten Werte, kann die DIN EN 60335‐2‐76 (VDE0700) dienen. In dieser werden besondere Anforderungen an Weidezäune definiert. Dabei beruht die Hütewirkung auf der impulsmäßigen Durchströmung des Tierkörpers mit extrem kurzzeitigen elektrischen Stromimpulsen. Der Stromkreis ist solange offen, bis das Tier diesen schließt, indem dieses die Verbindung zwischen Zaun und Boden herstellt (Rückleitung):

aid infodienst – Broschüre Sichere Weidezäune
(aid infodienst – Broschüre Sichere Weidezäune)

Schweißstromquellen

Die maximal zulässigen Energien übersteigen dabei insbesondere bei 230V‐Netzgeräten die in der für Schweißstromquellen relevanten Norm DIN EN 60674‐3 genannten Werte.

4. Erforderliche Schutzmaßnahmen für einen sicheren Betrieb von WIG-Stromquellen

Wie unter Absatz 2 bereits beschrieben, hängt der für den Menschen gefährliche Strom maßgeblich von den Widerständen im Stromkreis ab. Daher ist das oberste Schutzziel stets, den Schweißer vom Stromkreis zu isolieren. In der DGUV 209‐010 wird darauf hingewiesen, dass neben der Bekleidung und der Schutzaurüstung auch die Umgebungsbedingungen von Bedeutung sind (Kap.4.1.5.). Da nicht alle aktiven Teile des Schweißstromkreises gegen direktes Berühren geschützt werden können, sind zusätzliche Schutzmaßnahmen nötig, welche mindestens umfassen:

  • Der Isolationswert der Kleidung sollte möglichst hoch sein, dabei kann z.B. verschwitze Kleidung bereits den Widerstand massiv herabsetzen – Wichtig ist auch, dass bereits kleine leitende Partien (z.B. Knöpfe, Nieten, etc..) die Schutzwirkung herabsetzen können.
  • Sicherheitsschuhe mit Gummisohlen
  • Handschuhe aus Leder, die für das Schweißen geeignet sind (trocken, unbeschädigt, nach DIN EN 12477)
  • Isolierende Unterlage

Richtiges persönliches Verhalten ist die Notwendigkeit dafür, dass der Mensch nicht Teil des Stromkreises wird. Die oben beschriebene Maßnahmen unterstützen dies nur und sind bei unsachgemäßer Handhabung wirkungslos.

Eine häufige Fehlannahme ist, dass bereits einfache Isolatoren ausreichen, um einen wirksamen Schutz zu bieten. Da die Aufgabe einer HF‐Zündung darin liegt, einen Isolator (also die Luftstrecke zwischen Schweißbrenner und Werkstück) zu durchschlagen, müssen die Schutzmaßnahmen daher mehrere Einzelmaßnahmen umfassen. Für eine bessere Illustration sind im folgenden einige Beispiele gezeigt, wie die Hochfrequenzzündung bei günstigen Maßnahmen selbst vermeintliche Isolatoren durschlägt:

HF‐Überschlag auf das Werkstück ohne Isolator
HF‐Überschlag auf das Werkstück ohne Isolator
Durchschlag eines Lederhandschuhs mit direktem Kontakt zum Werkstück
Durchschlag eines Lederhandschuhs mit direktem Kontakt zum Werkstück
Überwindung der HF von zwei Lagen des Handschuhbundes
Überwindung der HF von zwei Lagen des Handschuhbundes
Unsachgemäß repariter Brenner mittels Klebeband bei defektem Griff
Isolierklebeband – der Lichtbogen sucht sich einen Weg um das Klebeband durch überlappende Verbindungen. Beispiel: Unsachgemäß repariter Brenner mittels Klebeband bei defektem Griff
HF‐Überschlag durch eine Plexiglasscheibe
HF‐Überschlag durch eine Plexiglasscheibe

Es ist zu erkennen, dass die Hochfrequenz nur in Kombination mehrerer Schutzmaßnahmen wirkt. So ist die Griffschale bereits eine erste Schutzmaßnahme, gefolgt von trockenen Lederhandschuhen. Abstände, isolierende Unterlagen und Schutzkleidung sind ebenfalls notwendig.

Unsachgemäß reparierte Brenner mit z.B. Isolierband sind ein Sicherheitsrisiko (siehe Bild oben). Ein geringer Abstand der Person vom Werkstück, insbesondere ohne Schutzkleidung ist ebenfalls gefährlich, da Luft eine Durchschlagsfestigkeit von bis zu 0,35kV/mm besitzt. Damit ergeben sich bereits, ohne Sicherheitsfaktoren, Mindestabstände die eingehalten werden sollten.

Fehler können schnell passieren, auch wenn diese zunächst nicht offensichtlich sind. Es sollte z.B. auch die Sitzgelegenheit entsprechend isoliert sein, sodass keine leitfähige Verbindung zwischen Person und Werkstück entsteht. Auch die Verwendung von Zusatzmaterial in Form von Stäben kann bei größeren Längen dazu führen, dass diese bei Unachtsamkeit Kontakt mit der Umgebung haben und dadurch eine Isolation des Schweißers nicht mehr sichergestellt ist. Ein Aufstützen auf den Schweißtisch führt dazu, dass die Isolation zwischen Körper und Werkstück nur durch die Kleidung gegeben ist – damit ist diese deutlich geringer, als wenn die oben beschriebenen Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Verschwitzte Kleidung erhöht die Leitfähigkeit dieser entsprechend.

Der Umgang mit einer eingeschalteten Stromquelle muss grundsätzlich mit Schutzkleidung und Sicherheitsmaßnahmen erfolgen. Daher ist z.B. für den Wechsel der Wolframelektrode oder der Gasdüse die Stromquelle auszuschalten. Ein versehentliches Berühren des Brennertaster ist während dieser Arbeiten leicht möglich und führt zum Einschalten der HF‐Zündung.

Grundsätzlich erfüllen EWM Schweißgeräte alle Normen bezüglich der Leerlaufspannung und der HF‐Zündung. Diese sind so ausgelegt, das das Risiko bei gesunden Menschen möglichst minimiert ist (siehe Kap. 3). Trotzdem darf ds Risiko der Hochfrequenzzündung nicht unterschätzt werden. Daher ist es absolut Notwendig, durch umfängliche Unterweisung ein richtiges persönliches Verhalten zu zeigen, dass in Zusammenspiel mit weiteren Schutzmaßnahmen das Risiko eines elektrischen Schlages von vornherein ausschließt.